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  Meisterschaft 1938
 

Deutscher Meister 1938

 

Als Hannover 96 am 3. Juli 1938 einen der größten Triumphe der Vereinsgeschichte zu verzeichnen hatte, machte es den Anschein, als habe David den übermächtigen Goliath geschlagen. Nach einem sensationellen Wiederholungsspiel konnte die junge 96- Mannschaft vor 100.000 Zuschauern im Olympiastadion in Berlin den ersten Meisterschaftstitel feiern.

Doch der Weg dorthin war schwierig
Bereits der Halbfinalsieg gegen den Hamburger SV war eine kleine Sensation. Zur Halbzeitpause führte der Favorit von der Elbe mit 2:0. Doch dank zweier Tore des Halblinken Peter Lay erreichten die Hannoveraner die Verlängerung. Bereits nach zwei Minuten erzielte Edmund Malecki den Siegtreffer. Damals gab es überraschenderweise bereits eine „Golden Goal-Regel“, und das Spiel wurde somit sofort nach dem dritten Tor der Roten abgepfiffen. Hannover 96 hatte sich damit im Halbfinale in Dresden gegen den Hamburger SV mit 3:2 n.V. (2:2, 0:2) durchgesetzt. Hannover 96 stand damit zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte im Finale um die Deutsche Meisterschaft. 
Vier Wochen später war es dann soweit. Am 26.Juni fand im Berliner Olympia Stadion das Finalspiel zur Deutschen Meisterschaft statt. Die Hannoveraner trafen nun auf den FC Schalke 04, der bereits zum fünften Male im Finale stand. 

Die 96 erlebten ein Déjà-vu-Erlebnis
Der Gegner im Finale war Schalke 04, die damals beste Vereinsmannschaft – allein sieben deutsche Nationalspieler standen in der Startelf. Da Hannover 96 ohne den im Halbfinale vom Platz gestellten Verteidiger Albert Reckel antreten musste, war sich die Fachpresse einig: Schalkes Sieg würde nur eine Frage der Höhe sein – der Gewinn des 4. Titels in Folge sei den Schalker Knappen ohnehin bereits vorher sicher.
Doch das 96-Team das vom routinierten Trainer Robert Fuchs aufgeboten wurde, sollte den siegessicheren Knappen ein großes Spiel liefern, und zwar in dieser Aufstellung: Ludwig Pritzer - Helmut Sievert, Willi Petzold - Hannes Jacobs, Ernst Deike, Ludwig Männer - Edmund Malecki, Ludwig Pöhler, Erich Meng, Peter Lay und Richard Meng. 

Die Außenseiter aus Hannover begannen das Finale sehr offensiv und verunsicherten die Schalker Defensive schnell mit ihrem klugen Angriffsspiel. Doch die Schalker konnten bald dagegen halten und hatten in der 29. Minute viel Glück: In einer Blackout-Sekunde fing 96-Verteidiger Helmut Sievert eine Flanke im eigenen Strafraum mit der Hand ab. Den fälligen Elfmeter verwandelte Schalkes Nationalspieler Poertgen zur Führung.Acht Minuten später erhöhte Kalwitzki sogar zur 2:0-Halbzeitführung für Schalke 04. Doch kurz nach dem Wechsel gelang Richard Meng der wichtige Anschlusstreffer. Danach erspielen sich die 96er zahlreiche Torchancen, scheiterten aber wiederholt an S04-Keeper Berni Klodt. Dann der Schock: Schalkes Stürmer Poertgen stürmte allein auf das 96-Tor zu und der hinzu geeilte 96-Verteidiger Willi Petzold fälschte den Schuss unglücklich ins eigene Tor zur 3:1-Führung der Knappen ab. Doch in der 77. Minute keimte bei den etwa 15.000 aus Hannover angereisten Zuschauern neue Hoffnung auf – ein  Eigentor des Schalker Gellesch brachte 96 wieder heran. Doch die Zeit lief gegen Hannover. Als fast alle Zuschauer schon auf den Schlusspfiff warteten, nutze Erich Meng in der 89. Minute doch noch einen Abpraller zum 3:3-Ausgleich. In der folgenden Verlängerung fiel dann kein Tor mehr, obwohl sich beide Teams noch einige Chancen erarbeiteten. So musste die Entscheidung um die Meisterschaft 1938 vertagt werden.

Erst zum zweiten Mal überhaupt musste damit das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft wiederholt werden.

Das Foto zeigt den Kader des erfolgreichen Teams: stehend v. li.: Betreuer Burmeister, Pöhler, Wente, Fritz Deike, Sievert, Jakobs, Männer, Meier, Ernst Deike, Reckel, Trainer Fuchs; knieend von li.: Erich Meng, Petzold, Eli, Pritzer, Malecki, Lay, Richard Meng.

Sensation im Berliner Olympiastadion

In den sieben Tagen zwischen den beiden Endspielen war in Hannover der Teufel los. Hannover 96 war das bestimmende Gesprächsthema in der Leinestadt und es wurden zahlreiche Reisegemeinschaften für das 2. Finale in Berlin gebildet. Über  20.000 Fans von Hannover 96 reisten mit Bussen, Sonderzügen oder vollbesetzten Autos nach Berlin. Zeitzeuge Friedrich Dommaschk, 88 Jahre alt, erinnert sich 70 Jahre danach noch genau an seine Reise zum Finale, als sei er erst gestern mit seinen Freunden aufgebrochen: „Sonntag, 3. Juli 1938: Um 5 Uhr sammelten sich mehrere tausend 96-Anhänger am Postscheckamt und Tivilostraße. Der Grund war ganz einfach – Fahrt zum 2. Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft gegen Schalke 04 nach Berlin. Ich fahre mit 4 Freunden in einem der Sonderzüge der Reichsbahn. Jeder Zug bestand aus 20 Wagen mit je 50 Sitzplätzen. Beim Halt in Oebisfelde habe ich mit Schulkreide an unseren Eisenbahnwaggon geschrieben „ Wer wird Deutscher Meister? 96 heißt er!“

 
Spielszene aus dem Finale `38

Auch der Titelverteidiger Schalke 04 brachte viele Fans mit nach Berlin. „ Und wenn wir vor dem Spiel an den touristischen Punkten der Stadt Schalke-Fans trafen, winkten sich beide Seiten fröhlich zu, es wurde lautstark gesungen und es gab Signalhorngetöse,“ berichtet Friedrich Dommaschk noch heute sehr angetan von der tollen Atmosphäre an einem sehr heißen Sommertag vor 70 Jahren in Berlin. 
In diesem zweiten Endspiel,  das an Spannung und Dramatik nicht zu überbieten war, schrieb Hannover 96 Fußballgeschichte. Trainer Fuchs vertraute erneut der Aufstellung aus dem ersten Endspiel und so trat 96 mit  Ludwig Pritzer, Helmut Sievert, Willi Petzold, Hannes Jacobs, Ernst Deike, Ludwig Männer, Edmund Malecki, Ludwig Pöhler, Erich Meng, Peter Lay und Richard Meng an.
Schalke 04 beginnt das Endspiel vor mehr als 100.000 Zuschauern sehr stürmisch. Bereits nach zwei Minuten erzielen die Knappen ein Tor, das Schiedsrichter Grabler aus Regensburg wegen Foulspiel an 96-Keeper Pritzer aber nicht anerkennt. Der erste 96-Angriff erfolgt in der 9. Minute: Edmund Malecki schießt gefährlich auf das Schalker Tor – den harten Ball kann Schalke Keeper Klodt nur abklatschen und Richard Meng staubt zum Führungstreffer ab. Danach verstärkt Schalke seine Offensivbemühungen und kommt fast zwangsläufig zum Ausgleichstreffer in der 23. Minute. Ein Schuss von Nationalspieler Kuzorra wird von einem 96er unhaltbar ins eigene Tor abgefälscht. Obwohl die Schalker danach ihren berühmtem „Kreisel“, bei dem der Ball mit unglaublicher Sicherheit und Präzision in den eigenen Reihen zugespielt wird, eindrucksvoll demonstrieren, gelingt ihnen bis zur Halbzeit kein Tor mehr.
Nach dem Wiederanpfiff plätschert das Spiel dahin, bis in der 69. Minute 21 Restminuten beginnen, die wohl zu den furiosesten aller Zeiten gehören: Ernst Kuzorra bringt Schalke 04 nach einem Pass von seinem Schwager Fritz Szepan mit 2:1 in Führung. Doch gleich am Anstoßkreis lässt der 96er Edmund Malecki seinen Schalker Gegenspieler aussteigen und schießt das Leder in den Strafraum.Torwart Klodt wehrt zu kurz ab und Richard Meng erzielt den 2:2-Ausgleich. In der Freude über den Ausgleich werden die 96er nachlässig. Nur Sekunden nach der Führung überlistet Fritz Szepan 96-Torwart Ludwig Pritzer mit einem Heber aus abseitsverdächtiger Position zur erneuten 3:2-Führung. Drei Tore innerhalb von drei Minuten versetzen die Zuschauer ins Staunen.

Meng-Torfestival
Danach verstärken die 96er ihre Angriffsbemühungen. Sie werden dabei von ihren Fans  lautstark unterstützt, aber die Zeit scheint zu verrinnen. Schalke verteidigt den knappen Vorsprung. Auf der Ehrentribüne wird schon die „Viktoria“, der Meisterpokal,  ausgepackt und die Meisterehrung vorbereitet. Doch in der 87. Minute unterläuft einem Schalker Spieler nach einer Ecke von Edmund Malecki ein Handspiel im Strafraum: Elfmeter für 96! Hannes Jacobs hat die Nerven für diesen alles entscheidenden Schuss. Er läuft an, täuscht Torwart Klodt, der Ball trifft den Innenpfosten – und landet dann zum 3:3-Ausgleich im Schalker Tor.
Elf überglückliche Hannoveraner auf dem Feld und die 96-Fans im weiten Rund des Olympiastasdions liegen sich in den Armen. Denn dieser Treffer bedeutet nicht nur den 3:3 Ausgleich, sondern erneut Verlängerung, wie bereits eine Woche zuvor.
In der Verlängerung wird das Spiel nach den temporeichen 90 Minuten und auf Grund der hohen Temperaturen etwas langsamer. Alle Spieler mobilisieren die letzten Kräfte. Die Erschöpfung ist ihnen anzusehen, aber keiner will aufgeben. Dann folgt für alle 96er eine Schrecksekunde, an die sich Friedrich Dommaschk 70 Jahre später noch lebhaft erinnert: „96-Verteidiger Willi Petzold stürzt im eigenen Strafraum und boxt dabei den Ball weg. Bei uns 96-Anhängern herrscht Entsetzen, doch als der Elfmeterpfiff ausbleibt, sind wir alle erleichtert.“ Nach 105 Minuten werden erneut die Seiten mit einem Unentschieden gewechselt. Auf den Tribünen wird bereits spekuliert, ob es zu einem dritten Endspiel kommt. Doch drei Minuten vor dem Ende der Verlängerung wird dieses Finale entschieden: Schalke Torwart Klodt kann einen scharfen Schuss von 96-Stürmer Edmund Malecki nicht festhalten. Erich Meng ist zur Stelle und erzielt  das bis dahin bedeutendste Tor für Hannover 96 – 4:3, der Deutsche Fußballmeister 1938 heißt Hannover 96.
„Nach diesem Tor haben natürlich alle 96-Fans gejubelt und wir haben so laut wie wir nur konnten „Hi-Ha-Ho. Schalke ist K.O.“ intoniert“, beschreibt Friedrich Dommaschk 2008 das unbeschreibliche Gefühl, als der Außenseiter aus Hannover die damals populärste, finanzkräftigste und fußballerisch beste Elf aus dem Kohlenpott nach 120 spannungsgeladenen Spielminuten durch das „Meng-Torfestival“ geschlagen hatte.

Unbeschreiblicher Jubel
Es gab unbeschreibliche Jubelszenen im Olympiastadion und bei der Rückkehr der 96er gab es in der hannoverschen Innenstadt ein Volksfest. Mehr als 100.000 Zuschauer jubelten der jungen 96-Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren zu, die in geschmückten Kutschen durch die Stadt fuhren. Eine ganze Stadt war im Fußballrausch. Die Schalke-Bezwinger trugen sich im Neuen Rathaus ins „Goldenen Buch“ der Stadt ein und wurden mit der Stadtplakette für die erste Deutsche Meisterschaft von Hannover 96 geehrt. „Der Jubel war unbeschreiblich“, beschrieb Spieler Ludwig Männer den Empfang.  Mit dieser Meisterschaft hatte Hannover 96 den ersten großen Fußball-Triumph für die Stadt errungen und hat damit einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des Vereins geleistet.


 
   
 
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